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Wenn Herzen neu sortiert werden — Meine Gedanken über das Kennenlernen der Kinder meines Partners

Eine neue Liebe. Ein Mensch, der so viel Licht ins eigene Leben bringt. Der einen wieder lachen lässt, der einem das Gefühl gibt, gesehen und wirklich verstanden zu werden.

Und irgendwann kommt dieser Moment: Ich lerne seine Kinder kennen.

Ich erinnere mich genau, wie aufgeregt ich war. All die Fragen in meinem Kopf: „Werde ich sie mögen?“ „Werde ich ihre Welt stören?“ „Werde ich jemals dazugehören dürfen?“

Mir war klar: Wenn man einen Menschen liebt, liebt man auch sein Gepäck. Seine Geschichte. Seine Kinder. Aber zu diesem Gepäck gehören nicht nur Kinder — sondern auch die Beziehung zur Ex-Partnerin oder zum Ex-Partner.


Die vielen, oft unsichtbaren Fragen

Als ich die Kinder meines Partners das erste Mal traf, schlug mein Herz bis zum Hals. Ich wollte alles richtig machen — ein Balanceakt zwischen Nähe und Zurückhaltung.

Doch ich spürte auch all die unausgesprochenen Fragen in der Luft:

  • „Warum ist sie jetzt hier?“

  • „Bin ich noch wichtig genug?“

  • „Mag Papa sie mehr als mich?“

Und gleichzeitig waren da meine eigenen Kinder. Sie mussten lernen, dass zwei neue Kinder nicht bedeutet, dass ihr Platz kleiner wird. Ich wollte die Kinder meines Partners willkommen heißen und gleichzeitig meinen eigenen Kindern versichern: „Du bist und bleibst meine erste Priorität.“


Die Rolle der Ex-Partnerin oder des Ex-Partners

Und dann ist da noch jemand, der so oft übersehen wird: der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin. Auch sie haben Erwartungen, Sorgen und Ängste.

Vielleicht denken sie: „Nimmt sie/er meinen Platz ein?“ „Wird mein Kind mich weniger lieben, wenn es sich mit ihr/ihm versteht?“ „Verändert sich mein Platz als Mutter oder Vater, wenn jemand Neues ins Leben meiner Kinder tritt?“

Manchmal sind diese Gedanken laut, manchmal unausgesprochen — aber immer spürbar. Ich habe gelernt: Auch wenn ich keine direkte Beziehung zum Ex-Partner habe, beeinflusst sein Umgang mit mir und mit den Kindern unsere Beziehung. Kommentare, kleine Seitenhiebe, subtile Bemerkungen — all das kann das Vertrauen der Kinder in mich und in die neue Situation erschüttern.

Es ist ein leises Ringen um Loyalität. Ein Hin- und Hergerissen-Sein der Kinder: „Darf ich sie/ihn mögen, ohne Mama oder Papa zu verletzen?“ „Darf ich Spaß mit ihr/ihm haben?“ „Mache ich mich schuldig, wenn ich Nähe zulasse?“


Vertrauen kann nicht erzwungen werden

Ich habe gelernt, dass ich nichts erzwingen kann. Ich darf einfach da sein. Ohne Druck. Ohne den Anspruch, Mutter zu sein. Ohne die Erwartung, sofort geliebt oder akzeptiert zu werden.

Manchmal kam ein Lächeln. Manchmal ein skeptischer Blick. Manchmal ein Rückschritt. Aber ich habe gelernt, kleine Schritte zu feiern.

Für meine eigenen Kinder

Meine Kinder mussten ebenfalls lernen, dass Liebe teilbar ist. Dass ich sie nicht weniger liebe, nur weil ich jetzt auch für andere Kinder da bin. Diese Sicherheit immer wieder zu geben, war nicht einfach. Ich musste oft selbst zweifeln, innehalten, erklären, trösten. Aber es war wichtig.

Für meinen Partner

Ich habe gesehen, wie sehr er sich zwischen den Stühlen fühlte: Er wollte, dass ich die Kinder annehme, ohne Druck. Er wollte die Beziehung zu seiner Ex-Frau respektvoll halten. Er wollte Vater sein — frei von Schuldgefühlen, frei von Angst, frei von Konflikten. Es war ein innerer Spagat, der ihn oft erschöpft hat.

Und für mich?

Für mich bedeutete das alles: Loslassen. Loslassen von dem Wunsch, „die perfekte Patchwork-Familie“ zu schaffen. Loslassen von Erwartungen, sofort angenommen zu werden. Loslassen von dem Drang, jedem gefallen zu müssen.

Ich habe gelernt, dass ein Patchwork nicht sofort ein fertiger Teppich ist. Es ist ein Flickwerk aus Geschichten, Gefühlen, Ängsten, Freuden, Rückschritten — und ganz, ganz viel Geduld.


Meine Gedanken an dich, wenn du vor dem gleichen Weg stehst

  • Lass den Kindern Zeit. Nähe darf in ihrem Tempo entstehen.

  • Sei echt. Kinder spüren sofort, ob wir ehrlich sind.

  • Erwarte keine Dankbarkeit oder sofortige Annahme — Vertrauen wächst, wenn es wachsen darf.

  • Sei achtsam mit deinen eigenen Kindern. Frag sie, höre zu, bleib präsent.

  • Sprich mit deinem Partner offen über Ängste, auch über die Rolle des Ex-Partners.

  • Erkenne die Gefühle des Ex-Partners an — auch wenn du sie nicht steuern kannst. Für die Kinder sind diese Gefühle real.

  • Sei sanft mit dir selbst. Du darfst zweifeln. Du darfst traurig sein. Du darfst trotzdem weitergehen.


Patchwork-Familien entstehen nicht über Nacht. Sie wachsen leise. Stück für Stück. Es braucht Geduld, Mut und unendlich viel Herz.

Ich bin mittendrin. Mit meinen Kindern. Mit seinen Kindern. Mit meinen Ängsten. Mit meiner Hoffnung. Und genau deshalb schreibe ich hier.

Für alle, die sich fragen: „Bin ich genug? “Für alle, die versuchen, neue Bande zu knüpfen, ohne alte zu zerstören. Für alle, die den Mut haben, Herzen neu zu sortieren.

 
 
 

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